EMOP Berlin - Foto des Tages - 6. Oktober
K.T. Blumberg: No 3/Paradies, aus der Serie Pommes im Paradies, 2020
© K. T. Blumberg
Monat der Fotografe in Potsdam: Die verlockende Schönheit falscher Paradiese
Das Potsdamer Kunsthaus zeigt zum Monat der Fotografie eine Sammelausstellung. Die Werke lassen die Abbilder der Wirklichkeit zerfließen.
Lena Schneider
MehDer Himmel ist blassblau. Schönwetterwölkchen. Eine Palme winkt ins Bild. Das Wasser sieht aus, als wäre es angenehm warm. Man hätte Lust, sich zu den Badenden zu gesellen. Aber halt. Etwas stimmt nicht. Wo sind die Wellen? Und was sind das für Schatten über den Wolken? Himmel hilf: Gestänge.
Was man eben noch neidvoll als ein exotisches Urlaubsparadies betrachtete, lässt einen irritiert zurückzucken. Kein Paradies. Eine Halle.
„Pommes im Paradies“ heißt die Serie, die die Fotografin K.T. Blumberg im Potsdamer Kunsthaus sans titre zeigt. Die Sammelausstellung zum European Month of Photography verknüpft unter dem Titel „Floating Identities“ fünf Positionen. Neben K.T. Blumberg sind Andreas Herzau, Nikita Teryoshin, Andrea Wilmsen und Wolfgang Zurborn dabei.
Blumbergs Serie ist in einem Wellnessparadies à la Tropical Island entstanden. An dem beschriebenen Foto prallt man ab wie Jim Carrey an der Kulissenwand hinterm Ozean in der „Truman Show“. K.T. Blumberg lässt dem falschen Paradies gerade so viel Illusion, dass der Aufprall in der Realität ordentlich wehtut.
Sich über die von der Ferne Träumenden unterm Hallendach lustig zu machen, wäre leicht gewesen. Die Potsdamer Fotografin aber lässt dem Traum seinen Reiz, den Träumenden ihre Sehnsucht. Die Handtücher, mit denen die Hallenurlauber ihre Liegestühle markieren, erzählen davon: Pelikane, Tiger und ein nostalgischer VW-Bus sind aufgedruckt.
Durch eine Landschaft geht ein Riss
Auch die anderen Arbeiten tasten die colorierten Kulissen ab, an denen Truman sich Beulen holt. In der Serie „Helvetica“ geht es um die Bruchstelle zwischen Illusion und Wirklichkeit. Fotograf Andreas Herzau zeigt schneebedeckte Schweizer Berge. Allerdings sind sie Dekoration.
Durch die hübsche Landschaft geht ein vertikaler Riss, verweist auf die Funktion dahinter, eine Tür. Die echten Schweizer Berge auf dem Foto daneben sehen dagegen geradezu unwirklich aus. Erst das vertikale Element, das auch hier durchs Bild schneidet – ein Fensterrahmen – holt einen ins Jetzt.
Bei dem Kölner Wolfgang Zurborn und der in Berlin lebenden Andrea Wilmsen sind erkennbare Orte Fragmenten gewichen. Am poetischsten bei Wilmsen. Der Schatten eines alten Mannes, die zärtliche Berührung zweier Hände, mit Gaze umwickelte Holzscheite: Ausschnitte einer radikal subjektiven Wahrnehmung.
Der Traum vom Meer
Ähnlich in Zurborns Fotoserie „Playtime“. Hier zerfließt der auf Wandtapete gebannte Traum vom Meer auf die davorstehende Wachstuchdecke. Sie ist stechend blau wie der Ozean, scheint geradezu nach der Betrachterin zu greifen.
Ein anderes Foto zeigt eine Hand auf einem Kinderwagen, darin ein Baby. Im Hintergrund eine Taucherin. Der Blick der Mutter ist zweigeteilt, mindestens. Wie auch der, der ständig am Smartphone hängenden digital natives. Und wie auch der des Babys: am Wagen baumelt ein großer Stoffhase.
Zeremonien, Fernsehstudios, Shopping Malls
Offensiver, mit deutlicher gesellschaftskritischem Bezug geht Nikita Teryoshin ans Werk. Er zeichnet mit der Serie „I have never been to Russia“ ein Porträt des gegenwärtigen Moskau. Jung, schrill, verstörend. Der in Berlin lebende Künstler, geboren in St. Petersburg, besuchte im Jahr 2019 Moskau das erste Mal.
„I have never been to Russia“ zeigt, in erbarmungslosem Licht, dass auch Teryoshin Traumfabriken vorfand: religiöse Zeremonien, Fernsehstudios, Shopping Malls. Auf dem letzten Foto der Reihe ist ein ausgestopfter Hund zu sehen, fotografiert im Moskauer Hygienemuseum.
Potsdamer Neueste Nachrichten 25.01.2020, 12:28 Uhr
Ausstellung in der Galerie Blumberg
Die Stadt der Ufo-Bäume
Wohlfühlen und Hektik liegen in der Stadt Singapur eng nebeneinander. Das zeigen K. T. Blumbergs Fotos, die sie in ihrer Potsdamer Galerie ausstellt.
Die sogenannten „Supertrees“ sind in Singapur eine Touristenattraktion und außerdem Wassersammler sowie Stromerzeuger.Foto: K.T. Blumberg
Potsdam - Wie riesige Bäume muten sie an. Diese großen Stahlkonstellationen, die ihre Rohrarme wie Äste in die Höhe strecken. Und sie heißen auch so: „Supertrees“ nämlich, also „Superbäume“. In Singapur stehen sie, dort hat sie auch K. T. Blumberg gesehen und fotografisch festgehalten. Insgesamt vier Wochen war sie im vergangenen Jahr in der Stadt, 1000 Fotos hat sie geschossen, wie sie erzählt. 22 Fotos sind nun unter dem Titel „Singapore – Smart Green City“ in ihrer Galerie Blumberg zu sehen.
Die „Supertrees“ fallen gleich auf zwei großformatigen Bildern mit unterschiedlichen Schwerpunkten ins Auge . Die Aufnahme, die direkt im Galerieschaufenster steht, mutet futuristisch an. Wie eine Art Ufo ragt in der Mitte ein einzelner „Supertree“ empor, dominiert das Bild. Links laufen lila-pinke Rohre als Adern durch einen anderen begrünten „Supertree“-Stamm. Science-Fiction-Lebendigkeit wie aus einem Film. „Es ist tatsächlich ein bisschen wie in einer anderen Welt“, sagt Blumberg, die ihre Galerie in der Jägerstraße in Potsdams Innenstadt seit Mai 2019 betreibt. Durch das Thema Nachhaltigkeit ist sie auf Singapur aufmerksam geworden. Eine Stadt, die hochmoderne Architektur und Umweltbewusstsein vereint – indem sie die Natur zurück ins urbane Umfeld holt.
Pflanzen kühlen die Luft
„Sämtliche Häuser sind dort begrünt, von außen, aber auch teilweise von innen“, erzählt Blumberg. Die Pflanzen sorgen nicht nur für eine angenehmere Atmosphäre, sondern kühlen auch die Luft. Die „Supertrees“ sind ebenfalls begrünt, Pflanzen ranken sich an ihnen empor. Die künstlichen Rohräste sammeln außerdem Regenwasser, installierte Solarzellen erzeugen Strom. Eine Touristenattraktion sind sie zusätzlich: Durch einen Brückenpfad, der sich durch die Wipfel schlängelt, und durch bunte Lichtinstallationen am Abend.
Letztere sind auf Blumbergs Fotos nicht zu sehen, wohl aber die Brückenwege. Ein zweites großes Bild legt den Fokus darauf, zeigt die „Supertrees“ in einem romantischen Licht. Von der pulsierenden Großstadt ist hier nichts zu spüren. Vielmehr wähnt sich der Betrachter mitten im Dschungel, die Rohräste erinnern an gemütliche Bambusrohre.
Dieser Kontrast, das Ran- und Rauszoomen der Großstadt findet sich in Blumbergs Fotos immer wieder. Die Aufnahme eines Riesenrads im grünen Park vermittelt Wohlfühlidylle, eine laufende Menschenmenge auf der Straße ruft wiederum den hektischen Alltag ins Gedächtnis. Besonders schön: Hängende Äste hinter denen eine übergroße Statue nur knapp hervorlugt. Die ursprüngliche Kraft der Natur, die den etwas verloren hinter der Pflanze hervorguckenden Skulpturarm verdrängt. Allein die Farbkomposition aus dem dunklen, satten Grün der Blätter, dem fast flauschigen Braun des dicken Baumstamms und der weiß-flirrenden Figur ist ein Hingucker.
Kameras überall
Ähnlich verhält es sich in einem anderen Bild, das einen noch ganz jungen Baum in einem Rahmen zeigt, davor eine installierte Überwachungskamera. Versuchte Kontrolle über Natur – doch das Bäumchen kümmert sich nicht darum und wächst einfach aus dem Rahmen heraus. Die Kameras finden sich auch auf anderen Bildern von Blumberg. Ungefähr fünf Millionen Menschen leben in Singapur, alles sei streng kontrolliert, auch die Grünanlagen. „Es ist alles sehr sauber, nirgendwo Müll“, sagt die Fotografin, die in der Gemeinde Seddiner See zu Hause ist. „Man darf auch nicht vergessen: Es handelt sich hier um eine Einparteienregierung, da wird vieles einfach schneller durchgesetzt.“ Das Gefühl, ständig überwacht zu werden, hatte sie vor Ort nicht. Sicher habe sie sich gefühlt, auch wenn sie fast immer allein unterwegs gewesen ist und ständig zu Fuß. „So sieht man einfach am meisten und Fotografieren heißt ja oft auch einfach Sehen.“
Zum Beispiel eine junge Frau, die mit einer Duttfrisur vor einer bunt gestalteten Häuserwand sitzt. Darauf zu sehen: eine gemalte Frau mit der gleichen Frisur in der gleichen Sitzposition. Ein Glücksfall für die Fotografin – und den Betrachter. Festgucken kann man sich da, immer wieder kleine Details entdecken, wie überhaupt in vielen von Blumbergs Bildern. Seien es sich spiegelnde Kois, eine Bootsfahrt in einer Shoppingmall oder orangefarbene Kopftücher vor grauer Stadtkulisse.
>>„Singapore – Smart Green City“, noch bis zum 29. Februar in der Galerie Blumberg, Jägerstraße 20, geöffnet Mittwoch bis Samstag, von 14 bis 18 Uhr
Ticket von Tagesspiegel/PNN am 9.5.2018
Potsdamer Neueste Nachrichten 2.5.2016
Alle Linien laufen auf den Mann zu
von Richard Rabensaat
Die Frau ist nur Deko. Schönheit und Anmut nutzen
nichts. Solange Männer allein
entscheiden und sich Frauen auf die Motorhaube montieren. Oder ist längst alles
ganz anders? Die Fotos von K.T. Blumberg sind vielschichtig. Foto: K.T. Blumberg
Die Fotografin K.T. Blumberg konzentriert sich in ihrer Ausstellung im
Rechenzentrum auf den besonderen Moment – und auf den Wandel der
Geschlechterrollen.
Lesen Sie hier weiter.
Potsdamer Neueste Nachrichten vom 03.08.2015
"Almauftrieb zwischen
Schneekanonen"
von Richard Rabensaat
Das Kunsthaus Sans Titre zeigt bittere Bilder aus einem vermeintlichen Paradies von K.T. Blumenberg
Entspannung? Auf der Alm? Niemals! Die Fotografin K.T. Blumberg hat sich umgesehen, in den Alpen, in Ischgl, in Österreich. Schon lange sind die Berge kein Ort luftiger Schönheit und stiller
Einkehr mehr für den Großstadtgestressten. Die tiroler Gemeinde Ischgl wirbt mit dem Slogan: „Relax. If you can.“ und zeigt auf einem Plakat Bühnen des „Top of the mountain“ Rock- und Popkonzert.
Das findet jeweils zu Saisonbeginn- und Ende dort statt. Blumberg kombiniert das Plakatfoto mit einem rasenden Motorroller.
Lesen hier weiter oder hier http://www.pnn.de/potsdam-kultur/993065
Potsdamer Neueste Nachrichten vom 05.08.2013
Grenzgänger
Die Fotoausstellung „Kleiner Grenzverkehr“ begibt sich auf eine Reise zwischen Polen und Deutschland.
Es sind auffällig bunte Fotos, die diese Grenzwanderung porträtieren. Die beiden
Fotografen K. T. Blumberg und Wojtek Skowron haben diese Wanderung unternommen, deren Ergebnis derzeit im Kunsthaus „sans titre“ zu sehen ist. Die beiden Fotografen spielen viel mit der
Perspektive und der Erwartungshaltung des Betrachters: Man blickt auf etwas, oder durch etwas hindurch, wesentlich mehr als flüchtige Postkartenromantik. Beide haben sich aufgemacht, um sowohl
Polen als auch Deutschland in kleinen Ausschnitten einzufangen, meist in Momentaufnahmen, in denen mehr oder weniger deutlich Hinweise platziert sind, wo das jeweilige Foto aufgenommen wurde,
auch wenn man sich da leicht täuschen kann.
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Potsdamer Neueste Nachrichten vom 16.08.2012
„Ich wollte unverbrauchte Bilder“
Interview mit der Potsdamer Fotografin K.T. Blumberg zu den Auswirkungen der Krise in Griechenland im Alltag
Frau Blumberg, Sie zeigen derzeit gemeinsam mit dem Bonner Fotografen Dieter Seitz im Kunsthaus „sans titre“ Fotografien über Griechenland. Glauben Sie nicht, dass inzwischen durch die Flut der Medienberichte über die Krise in diesem Land ein gewisser Überdruss besteht?
Schon möglich. Doch wenn man die Zeitung liest oder Nachrichten schaut, sieht man meistens nur Politiker, EU-Beamte und die Börsenkurse. Ich suchte die Menschen, die von der Krise betroffen sind, ihre Gesichter, Szenen aus dem Alltag, unverbrauchte Bilder.
Das Gespräch führte Heidi Jäger
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Ausstellung: „Wut – Enttäuschung – Hoffnung: Bilder aus Athen“ bis 26. August im Kunsthaus sans titre, Französische Straße 18